LICHT, ZUKUNFT UND PERSPEKTIVEN DES GLAUBENS
Glaube und Wissenschaft befinden sich zumeist im krassen Widerspruch zueinander, auch wenn dies manche Menschen gebetsmühlenartig in Abrede zu stellen versuchen (etwa unter Verweis auf irgendwelche einstweilen unzulänglich erklärbaren Phänomene im Bereich der Quantenphysik). Wenn man sich die heutige Glaubenslandschaft ansieht kann man einen erstaunlichen Effekt erkennen: Auch unter den nicht naiven Menschen gedeiht der Glaube weiterhin. Darin muss man nicht zwingend ein Problem sehen! Es mag durchaus sein, dass der Glaube an Gott und an eine unsterbliche Seele für das Glücksempfinden vieler Menschen wichtig ist. Und da kein ultimativer, jenseits jeglicher Interpretation liegender Gegenbeweis für die etwaige Existenz des Übernatürlichen erbracht werden kann (besser gesagt: rein methodisch nicht definiert werden kann), wäre es durchaus unberechtigt, jemanden das Recht auf Spiritualität abzusprechen oder ihn als weniger intelligent bezeichnen zu wollen. Wie funktioniert der Glaube in einer Welt der wachsenden Erkenntnisse in sämtlichen naturwissenschaftlichen Bereichen, insbesondere der Astronomie, Biologie, Anthropologie und Neurologie?!
Es gibt mehrere Varianten: Die erste begegnet uns in der Gestalt des Fundamentalismus: Religiöse Fanatiker klammern sich mit kindlichem Eifer an Fabeln, Märchen und Mythen. Wissenschaftliche Fakten interessieren in diesen Kreisen nicht die Bohne, allenfalls dass die Erde eine Kugel ist wird ggf. noch akzeptiert. Diese Fundamentalisten halten natürlich an der Tradition der großen monotheistischen Religionen fest und behandeln z.B. die alttestamentlichen Berichte wie historische Tatsachen. Eine Spiritualität jenseits der traditionellen Glaubensinhalte lehnen sie als Aber- oder Götzenglauben ab. Die zweite Variante ist der Kreationismus:
Bei der dritten Gruppe von Gläubigen handelt es sich nicht mehr um Fundamentalisten, sondern "nur" noch um Traditionalisten. Auch sie gehören einer der drei monotheistischen Weltreligionen an, deren Schriften sie grundsätzlich als verbindlich erachten. Die weniger ernsthaften Traditionalisten begeben sich auf ein zum Teil laizistisches und nihilistisches Terrain. Sie nehmen ihre Religion ernst, aber nicht so ernst, dass jedes Wort der Bibel, der Thora oder des Koran den Status einer unantastbaren Wahrheit hätte. Diese Leute können mit dem religiös-wissenschaftlichen Konflikt einigermaßen gut leben! Sie akzeptieren beide Seiten bis zu einem gewissen Grad. Sie erkennen zwar, dass sich manche Dinge extrem widersprechen, verzichten aber bewusst auf eine stärkere Auseinandersetzung mit diesen Widersprüchen. Sie unternehmen (im Gegensatz zu den Kreationisten) keine Versuche, Dinge auf Biegen und Brechen zusammenzufügen, die hinten und vorne nicht zusammenpassen! Sie vertrauen instinktiv darauf, dass die Dinge auf einer höheren Ebene vielleicht doch "irgendwie" besser zusammenpassen als es erscheint oder trösten sich einfach damit, dass wohl zumindest "irgendwas" an ihrem traditionellen Glauben dran sein könnte. Die vierte Kategorie von Gläubigen bezeichne ich als die "wilden Gläubigen". Sie verschreiben sich der Spiritualität und der Mystik ohne sich auf genaue Inhalte festlegen zu wollen. Ein bischen Esoterik, ein bischen Astrologie, ein bischen Naturreligion, ein bischen Rückkehr zu archaischen Göttern der Germanen, Griechen oder der Hinduisten, etc. Die Inhalte sind nicht das worum es geht - auch wenn Rituale praktiziert werden! Man spricht hier auch vom "individualisierten Polytheismus". Die fünfte Glaubenskultur ist meiner persönlichen Meinung nach die zukunftsträchtigste Variante: Hier finden sich sehr aufgeschlossene Menschen die sich auch durchaus der Konsequenzen der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse bewusst sind. Sie sprechen nicht mehr von Gott als Person, sondern von Gott als einer Art Prinzip, einer Art "Meta-Naturgesetz". Ein personales Gottwesen welches z.B. eine Weltkugel in sieben Tagen zusammenbastelt, ein Paradies anlegt, Lehmfiguren knetet und mit Lebensodem versieht, menschliche Vorhäute sammelt und mit menschlichen Jungfrauen Gottessöhne zeugt, stinksauer wird weil jemand vom falschen Baum einen Apfel pflückt und nach zünftigen Wutanfällen (Paradies-Vertreibung, Sintflut, etc.) letztlich seinen eigenen gott-menschlichen Sohn mal schnell zum Kreuzigen vorbeischickt, existiert für diese Gruppe an Gläubigen im Prinzip ebenso wenig wie für die Atheisten. Sehr wohl aber ist deren "nicht-personale" Gottheit etwas Zentrales, Allumfassendes und Mächtiges. Auch "Er" oder vielmehr "Es" kann für jenseitige Gerechtigkeit sorgen, ewiges Leben ermöglichen und sich den Menschen irgendwie "offenbaren" (etwa durch besondere Eindrücke beim Meditieren).
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